Nümbrecht hat die meisten Flüchtlingskicker

Fussball ist grenzenlos

"Eeii Schiri aus Afghanistan, komma rüber mit´n Flugzeug". Beim Fußball, wer wollte das abstreiten, geht es nicht um die Vermittlung korrekter Wortbedeutungen. Andererseits ist da jetzt keiner auf dem Platz, der lacht oder Fragezeichen in die Luft stiert. Die Flanke ist gelandet, die Botschaft angekommen und umgesetzt. Und tatsächlich tendieren die Verständigungsschwierigkeiten beim internationalen Balltreter-Training in Nümbrecht gegen Null.

Bei jedem Wetter am Ball: Die Nümbrechter Flüchtlingskicker.
Bei jedem Wetter am Ball: Die Nümbrechter Flüchtlingskicker.

Ibrahim zum Beispiel. Iss klar, der versteht eigentlich alles. Weil er schon am längsten dabei ist, weil er der älteste ist und weil er auch sowieso der Chef der Truppe ist. - Seit gut einem Jahr steht er im Tor der Flüchtlingsmannschaft des SSV-Nümbrecht.
Damals hatten sich Vertreter des Lenkungskreises Flüchtlinge mit den Abteilungsleitern des SSV-Nümbrecht getroffen, um über die Modalitäten einer Abteilung Flüchtlingskicker zu beratschlagen. Nach zwei Stunden hatten sich dann alle gewundert, wie einfach sowas gehen kann.

"Trikots, ja, da haben wir noch einiges im Vorrat. Schuhe, schaun wir mal" und auch beim Lenkungskreis lag damals noch eine Spende auf Eis. In dieser Art geht das seitdem und da trifft es sich gut, dass der Trainer des Nümbrechter Teams Fredi Henneken heißt.

Trainer Henneken - Immer da für seine Jungs.
Trainer Henneken - Immer da für seine Jungs.

Als ehemaliger Inhaber eines örtlichen Sportgeschäftes weiß er welche Hebel man ziehen muss, um an die Schubladen mit den Ausstattungen für seine Kicker zu kommen. "Notfalls muss mein Sohn dran glauben", lacht Henneken. Der führt nämlich heute das Geschäft und Papa nutzt seine Beziehungen schamlos aus. 




Aus anfangs zehn Interessenten sind inzwischen rund vierzig Flüchtlingskicker geworden, die mit Feuereifer auch gegen schlimmstes oberbergisches Sauwetter anrennen. "Der harte Kern jedenfalls."  Fredi Henneken kann seine Strategen inzwischen halbwegs auseinanderhalten und das ist durchaus keine leichte Aufgabe. Allein der Name Muhammed ist in ca. sechs o-, a- und u-Varianten vertreten. 

Ansonsten kommen vor: Abdulmuein, Malik oder Alaa, Neemaatlak, Edin und Danijel, Rahul, Sidali und Ali und und und; wer die Namensvergabe beim Fußball kennt, ahnt wie das in der gerufenen Platzpost manchmal rüberkommt.

Damit es denn doch nicht zu bunt durcheinander geht, steht dem Chef inzwischen Günther Willach als Assistenz-Coach zur Seite. Und siehe, all die Mühe zahlt sich inzwischen aus in sichtbaren Zuwächsen an Ballfertigkeit. Bei bislang zwei Begegnungen mit den SSV-Altherren mussten die orientalischen Ballkünstler nur eine Niederlage verknusen. Ein andermal ging´s unentschieden aus. 

Auf der weiteren Agenda stehen nun Begegnungen mit ähnlichen Mannschaften in anderen Kommunen Oberbergs. Als sportlicher Außenminister im Hintergrund zieht dabei Wolfgang Seiff an den entsprechenden Fäden. Er hat die Kontakte zu den Flüchtlingskickern von Anfang an systematisch betreut und ausgebaut. Gleichzeitig führt er akribisch Buch über die Trainingsfrequenzen jedes einzelnen seiner Schützlinge. und er weiß auch wer mit welcher Ausstattung aus welchem Topf bedacht worden ist. Bei der statusbedingten Fluktuation innerhalb der Flüchtlingstruppe ist das bisweilen keine angenehme Aufgabe. "Aber einer muss es machen", weiß Wolfgang Seiff, "sonst müssten wir ständig alles neu anschaffen."

(Texte und Bilder. Alle: ks)