Weihnachten mitten im Januar

Die Arbeit der Tafel Oberberg Süd in Nümbrecht

 

Weihnachtsmänner, Schokosterne und Dominosteine stapeln sich in den Kisten. Es ist Mitte Januar und im katholischen Pfarrheim in Nümbrecht weihnachtet es. Zu spät? Keineswegs! Die Lebensmittelläden haben die Weihnachtsware aussortiert. Dank der vielen ehrenamtlichen Helfer der Tafel Oberberg Süd landen Weihnachtsmann & Co aber nicht im Müll, sondern werden eingesammelt und an Bedürftige weitergereicht. 


Weihnachten mit Verspätung. Ab Mitte Januar landen die Reste vom Feste bei der Tafel. Man will gar nicht wissen, was früher damit gemacht wurde. (Bild: DN)
Weihnachten mit Verspätung. Ab Mitte Januar landen die Reste vom Feste bei der Tafel. Man will gar nicht wissen, was früher damit gemacht wurde. (Bild: DN)

 Seit fünf Jahren findet in Nümbrecht jeden Donnerstag die Ausgabe der Lebensmittel statt. Brot, Obst, Gemüse, Milchprodukte, Marmelade, Honig, Wurst, Käse und vieles mehr befindet sich in den Kisten, die die Helfer aus dem randvoll beladenen Sprinter herausholen. Im Pfarrheim werden sie dann nach Waren sortiert aufgestellt, während im Vorraum bereits die Kunden warten.

Die Idee der Tafel: In Deutschland gibt es Lebensmittel im Überfluss. Und gleichzeitig herrscht bei vielen Menschen Mangel. Warum also nicht all das, was „überschüssig“ ist, einsammeln und an die Bedürftigen verteilen?

all der Tafel Mitarbeiter ...
all der Tafel Mitarbeiter ...
Ohne die fleißigen Hände ...
Ohne die fleißigen Hände ...

Das ist z.B. das Brot der Bäcker, das bis zum Abend nicht verkauft wurde. Oder auch all die Lebensmittel aus den Supermärkten, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abläuft, die aber noch einwandfrei sind. Theresia Mittler von der Tafel erklärt, dass z.B. die Restlaufzeit beim Joghurt drei Wochen nach dem Mindesthaltbarkeitsdatum liegt. So lange kann man es also noch problemlos essen.

Als die Tafel vor fünf Jahren mit der Verteilung der Lebensmittel in Nümbrecht begann, waren die Kunden vor allem Hartz IV-Empfänger und Rentner, deren Rente nicht fürs Leben reicht.

Seit letztem Jahr hat sich einiges geändert: Auch bei den Flüchtlingen ist das Geld sehr knapp. Und so stellen sie mittlerweile 57% derjenigen, die regelmäßig zur Tafel in Nümbrecht kommen. 

Aus welchem Grund jemand bedürftig ist, spielt hier aber keine Rolle. Am Eingang bei Wolfgang Hoppe weist man seine Bedürftigkeit mit den entsprechenden Papieren nach und bezahlt 2,- €. Dann geht’s in den Hauptraum. Dort sieht es ein bisschen aus wie auf einem Wochenmarkt. Viele nette Helfer stehen hinter den Kisten und geben die gewünschten Lebensmittel aus.

 

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in Oberberg und anderswo ...
in Oberberg und anderswo ...
würden viele Lebensmittel im Müll landen.
würden viele Lebensmittel im Müll landen.


Jeder Kunde sucht aus, was er braucht. Eine Zuteilung würde nur dazu führen, dass vieles was nicht benötigt wird doch im Müll landet, erklärt Theresia Mittler. Je nachdem wie viele Menschen in einem Haushalt leben, darf unterschiedlich viel eingepackt werden. 

In kleinen Gruppen kommen die Kunden in den Raum. Alles läuft ruhig und sehr freundlich ab. Die Helfer kennen viele der Bedürftigen und auch ihre Vorlieben schon lange. Ab und zu ergibt sich ein kurzes Gespräch. Bei den Flüchtlingen hilft oft Rima, wenn’s mit der Verständigung hapert. Sie ist selbst geflohen, spricht arabisch und dolmetscht für ihre Landsleute.

Hinter der Tafel steckt viel Logistik. Mit zwei Fahrzeugen wird jeden Tag Ware bei den Läden im Oberbergischen eingesammelt. 15 Helfer sortieren die Lebensmittel in Waldbröl und packen sie für die verschiedenen Ausgabestellen zusammen. In Nümbrecht sind es dann noch einmal rund 10 Helfer, die die Waren ausgeben. 

 

Unsere Flüchtlinge gehören mittlerweile zu den Stammkunden der Tafel. Inzwischen reicht die Arbeitskraft von 100 Mitarbeitern fast nicht mehr aus um die Nachfrage zu stillen.
Unsere Flüchtlinge gehören mittlerweile zu den Stammkunden der Tafel. Inzwischen reicht die Arbeitskraft von 100 Mitarbeitern fast nicht mehr aus um die Nachfrage zu stillen.

 

Die Spenden kommen aber nicht nur vom Einzelhandel. Auch Lebensmittelhersteller arbeiten mit der Tafel zusammen. Sie melden ihren Überschuss an die Zentrale in Berlin. Die Oberberger können dort ordern und die Ware im Verteilzentrum abholen. Deshalb gibt’s zum Beispiel dieses Mal reichlich Milch für alle. Um all das möglich zu machen, arbeiten insgesamt über 100 Ehrenamtliche für die Tafel Oberberg Süd. Trotz der vielen Helfer stößt die Tafel hier mittlerweile allerdings an ihre Kapazitätsgrenzen. Deshalb gibt es z.Zt. auch einen Aufnahmestopp.

Es ist also viel zu tun, aber „Arbeit, ne Arbeit ist das für mich hier nicht“, sagt eine Helferin lachend. Und mehr Probleme gibt’s durch die neu hinzugekommen Flüchtlinge auch nicht. „1% ist schwieriger, aber das ist nicht anders als bei den Deutschen“ ergänzt sie lachend. Und der fleißige Ehrenamtliche der den ganzen Wagen ablädt, berichtet, dass er in den zehn Jahren die er hier mithilft, noch keine schlechte Erfahrung gemacht hat. Wenn man nah dran ist, sieht man manches mit anderen Augen.

Am Ende sind nicht nur die Weihnachtssüßigkeiten sondern auch ein Großteil der Lebensmittel verteilt. Nachdem die Weihnachtsware bei den Supermärkten ausgeräumt ist, kommt bis zum Ostergeschäft meist eine Saure-Gurken-Zeit für die Tafel, berichtet Theresia Mittler. Doch ab April geht’s aufwärts. Dann ist bei der Tafel Ostern – verspätet – wie auch Weihnachten. (D.N.)